Ganz sein. In einem Gespräch mit einem Kollegen ist mir das aufgefallen. Es geht nicht darum, ob der andere versteht, was ich sage. Es ist natürlich ein Vorteil, wenn der andere nicht sofort unterbricht, und auch versucht nachzuvollziehen, was ich sage, aber primär geht es darum: Mein Verständnis einzubringen, um durch das Vermitteln einen Sachverhalt für mich besser nachvollziehen zu können. Was der andere damit macht ist nicht meine Verantwortung.
Damit bin ich frei von Feedback. Außerdem sind Meinungen sowieso irrelevant. Es gibt nämlich etwas zu verstehen, und entweder ich bin näher dran, oder nicht. Was davon gehalten wird ist irrelevant. Wer etwas wirklich versteht ist mit den Tatsachen im Einklang, und mehr ist nicht zu erreichen.
Hier kommt die Moral ins Spiel, die das als egozentrisch abqualifiziert: Ich könne nicht Gespräche so handhaben, daß ich die so halte, daß ich für mich profitiere, wo der andere erstmal gar nicht wichtig ist. Das ginge doch nicht. Es ist ähnlich zu dem, was z. B. auch Geschäftsmänner automatisch zu diskreditieren versucht, weil sie genauso nur an ihren eigenen Gewinn interessiert sind. Aber nur so hat das am Ende einen Sinn.
Würde ich warten bis andere auch an dem Punkt sind, mir zu folgen, könnte ich mein Leben lang warten. In der derzeitigen gesellschaftlichen Lage ist es da aber sogar sehr unwahrscheinlich, daß ich das Rentenalter erreiche. Wozu muß ich also Rücksicht nehmen auf Menschen? Die müssen Fragen stellen, von sich her kommen, wenn sie etwas wissen wollen. Wie gesagt: Die Richtung führt nur zum Verständnis hin, nicht davon weg.
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Ich habe mich wieder mit Konservendosen und Wasserflaschen eingedeckt. Es gibt mir ein besseres Gefühl, immer was da zu haben, wenn mal weniger Geld da ist, oder andere unvorhergesehene Ereignisse eintreten. Ich empfehle auch einen Campingkocher mit Gaskartuschen als Notfall-Kochsystem.
Man möge sich mal die Lage in Venezuela zu Gemüte führen, hierzulande völlig ignoriert. Dort geht es jeden Tag um's Überleben:
Es gilt zu sehen, wo der Zusammenhang zwischen der Situation dort und hier ist. Hier geht es den Leuten noch gut, die Supermärkte sind voll, es gibt einen Rest von Markt. Doch der Staat ist ähnlich dominant hier, streckt seine Krakenarme immer weiter aus, und das zeigt sich in zunehmend schwieriger werdenden Lebensbedingungen. Ich muß bereits ein Viertel meines Gehalts für Miete ausgeben. Viel zur Seite kann auch nicht gelegt werden. Klar, momentan kann ich mir noch ein Auto leisten, aber materiell sehe ich für mich wenig glorreiche Perspektiven für die Zukunft.
Das zeigt sich aber nicht nur da, sondern auch in der Fruchtbarkeit. Mir ist zurzeit z. B. sehr wenig nach Kontakten mit Frauen. Es geht vor allem nur noch darum Geld zu verdienen, und einigermaßen über die Runden zu kommen. Wie soll ich da noch unbeschwert mit Frauen flirten? Da ist doch keine gemeinsame Basis, wenn ich z. B. auch sehe und höre, was diese Damen noch beschäftigt. Mir kommt es so vor, als würden sie in einer Scheinwelt leben, die so gar nicht existiert.
Vor allem ist interessant: Die Leute in Venezuela sind ja an dem Punkt zu merken, daß z. B. die Regierung lügt, weil sie selber am eigenen Leib erfahren, daß das nicht paßt. Die Leute hier in Deutschland glauben aber weiterhin den Verlautbarungen, auch wenn deutlich zu merken ist, daß es vielerorts nicht mehr paßt. Ich meine viele Menschen beschweren sich ja über die Umstände hier, sagen, daß es in den 80er-Jahren keine Sorge um den Job gab, daß die Steuern zu hoch sind, daß die Einheimischen z. B. Rentner benachteiligt sind, daß alles teurer wird usw. Aber sie würde nie darauf kommen, daß sie vielleicht in der Tagesschau angelogen werden. Niemals. Das würde nie möglich sein, da würde ja eine Welt zusammenbrechen: All das Vertrauen, die Geborgenheit, all die Jahre.