Mir ist bei einer Announce auf einem Werbebanner für Singles aufgefallen, daß ich gar nicht nach einer Freundin suche, die mich aus dem sogenannten Single-Dasein erlöst. Mir kommt: Ich war immer schon "Single", und werde es auch bleiben, egal wen ich kennenlerne oder sogar heirate. Das mag sich für das normale Denken absurd anhören, aber Fakt ist, daß ich nie eine Freundin haben kann, sprich besitzen könnte, denn mir erscheint die Vorstellung, ein dauerhaftes Vorrecht auf einen bestimmten Menschen zu besitzen wie ein Gewaltakt.
Das alles heißt natürlich nicht, daß ich nicht an Interaktionen, Austauschen, ja auch an Zärtlichkeiten mit Frauen interessiert wäre. Das Interesse ist ja da, Sympathie ist oft gegeben, vor allem ist auch die Offenheit meine Gefühle teilen zu wollen wohl noch nie so stark gewesen - und sie steigt sogar immer mehr, je unbegrenzter ich mich in meiner Wahrnehmung fühle, und sie nicht durch Vorstellungen, wie eine Beziehung zu sein hätte, künstlich einschränke; nur, sie kann nicht nur einer Person gelten, der ich mich verschreibe. Ja, im Einzelfall habe ich natürlich mit jemandem als Einzelnen zu tun, aber dieses Gegenüber ist für mich nur im Moment da, und jeder Moment mit jedem Menschen hat den selben Grad an Aufmerksamkeit verdient: Ein eigenes Kind und ein Fremder stehen hier auf der gleichen Stufe.
Liebe ist nämlich nicht in der Frau, das ist der herkömmliche Irrtum. Das Gefühl wird an die Menschen geheftet mit denen man zu tun hat, in Wahrheit aber erlebt man das nur für sich, und die Auslöser, die Partnerin, der Kumpel, der Guru, wer auch immer, sie sind nur Anlässe. Es ist nur die Frage, ob man selber das Gefühl für sich zulassen möchte. Der andere hat damit nichts zu tun. Wenn er aber empfänglich ist, wird er natürlich empfangen können, was man mitteilt, aber selbst das ist schon Galaxien entfernt von mir selber, weil ich da absolut keinen Einfluß habe, und sowieso auch überhaupt nichts davon habe, ob mich jemand versteht. Der andere ist sein eigener Planet. Eher würde ich es sogar aufschlußreicher finden, wenn mich jemand dafür abgrundtief haßt.
Im Gegensatz zu früher ist meine Blockade nicht mehr so immens, so daß ich mit Frauen nun auch etwas längere Blickkontakte haben, einfache Gespräche genießen kann. Hinterherschmachten und Schwelgen, wie ich das jahrelang von mir kenne, erkenne ich zum Glück nun auch besser, wenn es sich zeigt. Z. B. war ich letztens in der Tiefgarage des Supermarktes, und ich hatte einen etwas länger als üblichen Blickkontakt mit einer sehr schönen, jungen Frau. Ich ging ein Stück weiter, holte einen Einkaufswagen, sie ging weiter, ich schaute sie nochmal an, sie ging in die andere Richtung, schaute jedoch zurück an die Stelle, wo wir uns vorher sahen. Ich vermute, sie hatte die Hoffnung mich nochmal zu sehen.
Die herkömmliche Verstandesprogrammatik erwartet nun einen Handeln: Druck ist dabei das entlarvende Kennzeichen. Wird dieser Forderung nämlich nicht gefolgt, zeigt sich die andere Seite der Medaille: Selbstkasteiung. Verständnis ist in diesem Rad absolute Fehlanzeige. Verständnis nämlich für mich selber, Selbstliebe. Sie ist nämlich Folgendes: Weil ich mich nicht quälen will, ist es das Beste diese Situationen fallenzulassen und die Dinge anzugehen, die man eben gerade tut, in meinem Fall war es einkaufen. Ich vergesse solche Begebenheiten schneller als früher bzw. sie beschäftigen mich nicht mehr so penetrant über einen langen Zeitraum. Ja, in genanntem Moment kam weiterhin oben genanntes Muster, aber es verliert seine uneingeschränkte Dominanz relativ schnell.
Klar, ich weiß noch sehr genau was passiert ist, sonst könnte ich es hier gar nicht aufschreiben, aber ich lasse mir davon nicht mehr meinen Fokus rauben. Ich könnte jetzt auch in der Stadt laufen, dort wichtige Dinge erledigen und dabei an den Schaufenstern stehenbleiben und mir begierig schöne Uhren anschauen. Dadurch verliere ich aber nur Aufmerksamkeit und verliere mich, weil ich mich da nur bestrafe indem ich dem hinterherluke, was ich nicht habe. Dadurch leide ich automatisch, ist doch ganz klar.
Noch eine Analogie: Heute hat jemand zu Mittag etwas extrem Leckeres gekocht. Der Duft von gerösteten Zwiebeln, wohl auch etwas angebratenem Speck strömte aus einem Küchenfenster nach draußen zu mir, der gerade am Arbeiten war, und absolut keine Aussicht hatte, etwas von diesem Gericht kosten zu dürfen. Der Geruch war wirklich sehr nett, und er lockt, sonst würde man nicht Appetit bekommen, aber er bringt auch Leiden mit sich. Er zeigt nämlich, daß man gerade eben das nicht hat, evtl. auch Hunger oder sexuellen Überdruck, und das verweist auf ein Defizitgefühl in einem. Er verweist auf einen angenehmen Sinneseindruck, den ich gerade nicht habe, aber gerne haben würde. Das piesackt. Und das piesackt auch Männer, wenn sie attraktive Frauen sehen. Die Lösung ist: Die eigenen Sachen machen. Fertig, aus. Wenn man zu Essen bekommt, dann bekommt man es, wenn nicht, dann nicht. Die ganze Zeit darüber nachzudenken hat aber ganz offensichtlich keinen Nutzen. Man fühlt sich schlechter als es eigentlich nötig wäre. Ja, Uhren sind schön, ein gutes, nahrhaftes Essen ist sogar nötig, denn Hunger quält, und auch Sexualiät, die nicht gelebt wird, nagt, aber es ist sogar ertragbar, wenn das Thema nicht zusätzlich angeheizt wird. Wenn ich Hunger habe, dann hilft es nur, wirklich etwas zu kochen, und wenn ich mit Frauen zu tun haben will, dann habe ich zum Glück hin und wieder Gelegenheiten des Kontakts - immerhin ist ja jeder zweite Mensch eine Frau. Meine Erfahrung ist nämlich: Im Handeln hat das Leiden gar keinen Platz mehr, kommt nicht mehr auf. Bin ich einmal im Gespräch schaue ich worauf es hinausläuft. That's it.
Mir tun die Menschen sogar eher Leid, die von "ihrer" Freundin, "ihrer" Frau sprechen. Klar, man spricht so, aber ich weiß, daß das nicht die volle Wahrheit ist, wenn ich das höre. Die ganze Weite des Bewußtseins wird limitiert. So wie wenn ich mich einer Firma verpflichte, und mir aufdiktiere, nur für diese zu arbeiten - während ich noch zig andere Möglichkeiten habe meine Arbeitskraft und Leistungsbereitschaft einzubringen - so beschränkt man seine eigene Liebesfähigkeit auf bestimmte Punkte im Universum genannt Stefanie, Maria, Sieglinde oder wer auch immer, man ist schließlich verheiratet, hat Verpflichtungen usw.
Ich bin wirklich dankbar mich selber jetzt so zu sehen wie ich wirklich bin. Eben kein Versager, der im Gegensatz zu anderen zu kurz gekommen ist, sondern ganz im Gegenteil, jemand, der andere wirklich verstehen und lieben kann, weil ich meine eigenen Verstrickungen und Blockaden deutlicher sehen kann, und auch wie langwierig deren Erforschung ist, wie schmerzhaft es auch sein kann die eigene Falschheit zu sehen z. B. eben in solchen Geschlechterfragen. Unter dem Aspekt ist sogar mehr Liebe, also Verständnis, für Männer da, weil ich ihre Position von meiner eigenen Erfahrung her besser nachvollziehen kann.
Die Energie ist aber natürlich stärker bei Frauen. Hier interessieren mich nun mehr die konkreten Möglichkeiten, als abwägige Ideen und Hoffnungen.